Stimmen:
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Auch Harmonikas kann man und muss man stimmen. Das ist aber leider nicht so einfach wie bei einer Gitarre, und leider auch nicht beliebig oft wiederholbar, denn dazu muss an den Stimmzungen gefeilt werden! Daraus folgt schon, dass das nicht so schnell geht. Man sollte sich Zeit nehmen! Das rein Stimmen der Stimmzungen erfolgt im Instrument. Grob werden die Stimmen am Stimmtisch vor dem Einbau etwas höher gestimmt. Die Tonhöhe jeder Stimmzunge wird aber auch durch die Ventiele den Kanzellenkörper und auch durch den Aufbau der Harmonika beeinflusst. Sind die Stimmen am Kanzelenkörper befestigt so sollten die Stimmen nachgestimmt werden. Die Ansprache und die Funktion der Ventile sind ebenfalls zu kontrollieren. Es ist ein Stimmen in mehreren Schritten unbedingt erforderlich. Auch nach dem Einspielen ist mit Veränderungen zu rechnen. Die Raumtemperatur ist konstant zu halten. Die Harmonika muss ca. einen Tag im Raum seine Temperatur angepasst haben. Durch längeres hantieren kommt es ebenfalls zu Temperaturveränderungen am Instrument. Daher ist das endgültige Feinstimmen an mehreren Tagen zu wiederholen.
Stimmzungen kann man nicht nur höher, sondern auch tiefer stimmen. Nimmt man an der Spitze etwas ab, klingt die Zunge höher, nimmt man dagegen an der Wurzel etwas ab, dann klingt die Zunge tiefer. Außerdem gibt es noch eine weitere Methode, eine Zunge tiefer zu stimmen, aber dazu später mehr...
Zum Stimmen braucht man mehrere Werkzeuge: Feile, Kratzer, Lösblättchen, Angel, usw. (Bild von Feilen wie sie bei Pigini erhältlich sind),(Adresse von Pigini). Außerdem ist es höchst sinnvoll, sich ein elektronisches Stimmgerät zuzulegen. Das muss kein teures Zeigerinstrument sein, eine preiswerte Computersoftware tut es auch. ((tune!it Downlad))Tuneit hat den Vorteil, dass auch mehre Stimmungsarten unterstützt werden. Für exaktes abstimmen darf man aber nicht auf das Stimmgerät vertrauen. Es sind die Schwebungstöne zu kontrollieren. Beim Stimmen von Orgeln wird ebenfalls die Schwebung von Tönen kontrolliert. Ist man im Stimmen geübt so funktioniert es über unser menschliches Ohr bei weiten besser und schneller. Erfahrene Klavierstimmer haben mir das ebenfalls bestätigt. Das Stimmen erfolgt in mehreren Etappen grob werden die Stimmplatten (Bild von einer Stimmplatte) am Stimmtisch (Bild vom Stimmtisch) vorgestimmt, Danach werden sie auf den Stimmstöcke befestigt und nachgestimmt.
Mit den eingebauten Stimmstöcken werden zunächst die Stimmzungen die beim Ziehen erklingen gestimmt, das sind die Stimmzungen die von innen am Stimmstock erreichbar sind. Um an die inneren Stimmzungen, die für die Ziehtöne zuständig sind, heranzukommen, braucht man eine "Angel" (Bild meine selbst angefertigten Angeln), mit der durch den Luftkanal hindurch die jeweilige Stimmzunge durch die Öffnung in der Stimmplatte die Stimmzunge nach außen zu biegen ist, um dann dort daran herum zu feilen (Bilder wie die Angel verwendet wird,Bild Zunge ausheben, Bild Zunge angehoben,Bild Zunge angehoben groß). Dabei wird aber auch auf jedem Fall der Lösabstand (das ist der Abstand der Stimmzunge zwischen Zungenspitze und Stimmplatte) verändert, und die Stimmzunge muss nachher wieder zurück gebogen werden. Dabei kann sie sich aber wieder verstimmen. Ein lösen der Stimmplatten vom Kanzellenkörper sollte vermieden werden, da auch im Besonderen bei hohen Tönen bereits eine leichte Veränderung der Position am Kanzellenkörper zu einer Änderung der Tonhöhe führt.
Beim Stimmen selber fängt man mit dem Gleichton in der Mittleren Reihe an. Mit den Zugzungen deshalb, weil an die - wie oben geschildert - am schwersten heranzukommen ist. Diese kraftraubende Arbeit sollte man zuerst hinter sich bringen. Bei den tiefen Stimmzungen kann man am wenigsten kaputt machen, denn die Materialmenge, die man für ein gegebenes Intervall mit der Feile abtragen muss, ist umso kleiner, je höher die Stimmzunge klingt. Nochmals zu den hohen Tönen: Vorsicht! Oft genügt schon ein Kratzer mit der Feile, und die Stimmung ist ganz wo anders!
Zum Stimmen orientiert man sich an den Akkordzusammenhängen. Vom Gleichton ausgehend stimmt man zuerst alle Quinten vom Gleichton ausgehend. I D-Dur ist das A, 5 Stufe -> D, 1 Stufe in der 3. Reihe. A, 5. Stufe -> E, 4. Stufe Nur die Quint vom Gleichton (A, 5. Stufe der D-Dur Tonleiter) zu (F#, 3. Stufe der D-Dur Tonleiter) in der ersten Reihe darf nicht rein gestimmt werden. Zur 3. Stufe der Tonleiter gelangt man über das Stimmen der Intervalle A, 5 Stufe -> E, 2 Stufe, ->H, 6 Stufe in der ersten Reihe, -> F# 3 Stufe in der ersten Reihe. Die Terz töne werden erst am Schluss gestimmt. Diese können entweder rein oder in einer andern Temperatur gestimmt werden.
Auf Druck ist es noch einfacher da in einer Oktave nur drei Töne vorkommen (Akkordzusammenhängen.). Wieder ausgehend von der 5. Stufe der Tonleiter dem A bei D-Dur stimmt man ebenfalls die benachbarten Quinten. Vom A, 5. Stufe -> D, 1. Stufe in der 3. Reihe, -> G, 4. Stufe in der 3. Reihe. Und vom A, 5. Stufe -> zum E, 2. Stufe in der 1. Reihe. Hat man alle Töne der Tonleiter gestimmt sind die restliche Töne immer reine Oktaven zu den bereits gestimmten. Natürlich ist ein Überprüfen aller Intervallkombinationen notwendig, Da kleine Abweichungen beim Stimmen in Summe an anderer Stelle einen größeren Fehler ergeben können. Ein Stimmgerät das die pythagoreische Stimmung erlaubt erleichtert diesen Stimmvorgang. Auch die Terz –Töne lassen sich an der pythagoreische Skala orientieren. Bei der reinen Stimmung weichen die Terzen um 21,5 Cent von der pythagoreische Skala ab. Verwendet man ein Stimmgerät mit temperierter Skala sind die Abweichungen unregelmäßig und die erschwärt das arbeiten. Man sollte sich aber in erster Linie auf das eigene Gehör verlassen.
Eine Tabelle aus der ersichtlich ist wie die Tonzusammenhänge sind finden Sie auf meiner Webseite: Das harmonische Tongeflecht
Zum Harmonischen Aufbau der diatonischen HARMONIKA finden Sie auch noch weitere Webseiten: Der harmonische Aufbau der diatonischen Harmonika, Die Bassseite der diatonischen Harmonika
Zum Feilen schiebt man zwischen Stimmzunge und -platte ein sehr flaches Stück Blech(Bild), wozu sich das Lösblättchen aus einer alten Bassstimmzunge die an der Spitze messerscharf zugeschlifen wurde hervorragend eignet. Es sollte eigentlich klar sein, aber ich schreibe es trotzdem noch einmal: Man feilt immer mit der Flachseite der Feile auf der Oberseite der Stimmzunge. Feilt man an der Zungenspitze, wird die schwingende Masse geringer und dadurch der Ton höher. Feilt man an der Zungenwurzel etwas ab, dann wird die Zunge dort dünner, die Elastizität nimmt zu, und der Ton wird tiefer. Wie schon angedeutet, kontrolliert man die Stimmung am besten nach jedem Bisschen Feilen mit dem Stimmgerät und mit dem Gehör auf Schwebungstöne.
Besondere Vorsicht ist beim Feilen an der Zungenwurzel geboten: feilt man hier eine Kerbe hinein, dann kann die Stimmzunge dort leicht brechen, niemals mit der Kante der Feile feilen! Ich bevorzuge es beim Tieferstimmen, statt zu feilen, mit dem Kratzer zu arbeiten. Dabei schiebe ich Material von einer Stelle in Richtung Niete. Dadurch wird die Stimmzunge an dieser Stelle auch etwas elastischer, ohne dass man Gefahr läuft, eine Kerbe in Querrichtung zu bekommen. Diese Methode erlaubt auch exakteres Stimmen als mit der Feile und funktioniert auch bei Zugzungen ohne Abmontieren der Stimmplatten von außen durch die Stimmplatte hindurch. Das ist besonders vorteilhaft, wenn man Zugtöne nur etwas tiefer stimmen möchte. Aber Vorsicht: nicht zu viel wegkratzen, sonst muss man die Stimmzunge wieder an der Zungenspitze abfeilen und diese darf ja auch nicht zu dünn werden!
Wenn man Stimmzungen über größere Intervalle - einen Halbton- oder gar einen Ganztonschritt - tiefer stimmen möchte ist durch Kratzen nicht genügend Material abzutragen und das Feilen ist nicht nur gefährlich, sondern ebenfalls zeitraubend, was einen leicht dazu verleitet, zwischen zwei Kontrollen immer mehr Material abzutragen - und schon ist man über den richtigen Punkt hinweg. Ich bediene mich dafür einer anderen Methode: Materialauftrag an der Zungenspitze, und zwar in Form von Lötzinn mit dem Lötkolben oder das auflöten eines Messingplättchens. Wird die Zunge zu weich leidet die Tonqualität. Masse und Federkraft müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zu einander stehen. Die Zunge darf hinterher nicht schlechter klingen als vorher - nur der Ton soll tiefer sein. Allerdings muss dann noch die exakte Stimmung durch Abfeilen überschüssigen Lötzinns herstellt werden. Man muss allerdings aufpassen, dass das Zinn nur auf der Zungenoberseite bleibt.
Nach den Stimmen unabdingbar: Lösabstände einstellen! Der Lösabstand ist der Abstand der Zungenspitze von der Stimmplatte. Er verändert sich zwangsläufig, wenn man an der Zunge herumfeilt oder -kratzt. Eine Faustregel besagt, dass der Lösabstand ungefähr so groß sein sollte, wie die Dicke der Stimmzunge. Weil tiefere Stimmzungen dicker sind, brauchen sie größere Lösabstände als höhere Zungen. Man stellt den Abstand ein, indem man die Zunge vorsichtig in die entsprechende Richtung biegt, z. B. mit dem Kratzer. Wenn man den Lösabstand vergrößern möchte, kann man auch das Lösblättchen (daher der Name) vorsichtig unter die Zunge drücken.
Man kann den Lösabstand aber auch individuell abweichend einstellen: geringerer Lösabstand bewirkt leichteres Ansprechen der Zunge schon bei geringem Blasdruck, kann aber dazu führen, dass sie klemmt, wenn man sie unvermittelt mit hohem Druck anbläst - dann gibt sie einfach gar keinen Ton von sich. Großer Lösabstand bannt diese Gefahr, allerdings spricht die Zunge dann auch erst bei viel Luft an. (Außerdem hat man dann bei der Harmonika auch viel Luftverlust beim Spielen.)
Um die sehr tiefen Töne auf der Bassseite zu stimmen kann man die hohen Oktave Stimmzungen in den Helikonstimmplatten mit Papierstücken blockieren. Blockiere eine Stimmzunge, baue das Akkordeon wieder zusammen und verschließe den Balg mit den Gehäuse mit etwas Klebeband an beiden Seiten. Nun spielt man den Ton mit den entsprechenden Ton an der Diskantseite dieser ist natürlich um eine oder mehrere Oktaven höher. Dabei achtet man auf die Schwebung im Ton, mit einen Stimmgerät sollte es möglich sein zu bestimmen ob der Basston höher oder tiefer ist als der Ton auf der Diskantseite. Verwende eine Feile zum Stimmen der fraglichen Tonzunge. Sie können eine Angel verwenden um die Tonzunge auszuheben um an die innenliegende Zunge zu gelangen, aber das herausnehmen der Helikonplatten ist leicht möglich um sie dann am Stimmtisch zu stimmen und anschließend wieder einzubauen. Nach dem Einbau könne Sie den Ton spielen um diesen erneut zu überprüfen. Wenn Sie sich Notizen über die Tonabweichung von mehreren Tönen machen, können Sie den Vorgang beschleunigen da nicht für jeden Ton das Akkordeon neuerlich geöffnet und wieder zusammengebaut werden muss. Sind Sie aber vorsichtig da man sich oft nicht mehr genau erinnern kann, wie stark die Abweichungen waren. Am Anfang ist es besser jeden Ton einzeln zu stimmen. Es gibt noch ein weiteres Probleim das bevorzugt bei tiefen Tönen auftritt. Manchmal haben die beiden Tonzungen auf der Stimmplatte, bei unterschiedlichen Luftdruck, nicht die gleiche Abweichung. Wenn das der Fall ist hilft nur ein austausch der Tonzungen. Die letzte Feinstimmung der Helikonstimmen muss mit beiden Tonzungen gemeinsam erfolgen. Wenn beide Tonzungen gemeinsam schwingen verschiebt sich die Tonhöhe etwas nach oben, daher ist eine menge Übung erforderlich um sauber zu stimmen. Manchmal schwingen auch beide Tonzungen gemeinsam am selben Ton obwohl eine davon verstimmt ist.
Das Stimmen von Mundharmonikas erfolgt ähnlich. Im Internet findet man viele Hinweise einen Artikel zu diesen Thema in Englischer Sprache möchte ich hier anführen.
Ein kurzer Film über das Aufnieten einer Zunge (Film), und ein weiterer kurzer Film über das entfernen einer Stimmzunge (Film).
Auch einen Bericht aus Klingenthal von Hans Hoyer möchte ich hier erwähnen. (HARMONICA-PLAYER NEWS No. 10 - 11/01)
Mundharmonikas werden ebenfalls auf die gleiche Weise gestimmt. Englischer Text: Das Stimmen einer Mundharmonika